Marzipan und die Missgeschicke der Außenministerin
Wer an die charmante Stadt Lübeck denkt, hat sofort köstliches Marzipan im Kopf. Anders hingegen unsere Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die in einer ihrer letzten öffentlichen Äußerungen den süßen Genuss mit Schokolade verwechselte. Die Frage bleibt, ob sie tatsächlich jemals in den Genuss dieser Spezialität gekommen ist.
Mit einem Slogan wie „Ein Mensch, ein Wort“ zieren die Wahlplakate der Grünen die Straßen. Dass Frau Baerbock gerne für große Emotionen sorgt, ist bekannt. Doch beim Thema Sprache scheinen ihr die Worte oft zu entgleiten, was sie zu einer der politisch bemerkenswertesten Figuren seit Heinrich Lübke macht, der ebenfalls für seine verbalen Ausrutscher bekannt war.
Kürzlich, bei der großangelegten Eröffnungsveranstaltung ihrer Partei in Lübeck, stellte sie einmal mehr unter Beweis, dass ihr Gespür kaum für die kulinarische Identität dieser Hansestadt entwickelt ist. Ein Reporter jubilierte über das große Interesse an der Wahlveranstaltung, aber als Baerbock schließlich die Bühne betrat, prahlte sie: „Ich esse gerne Schokolade, auch deswegen bin ich hier.“
Doch Lübeck ist auf der ganzen Welt als die Stadt des Marzipans bekannt. Das Fachmagazin „Werben & Verkaufen“ beschreibt treffend, dass kaum ein anderes Produkt so eng mit einem Standort verbunden ist wie die süßen Spezialitäten aus dem hohen Norden. Die Stadt wird sogar als ein „Marzipan-Mekka“ gepriesen, das ein gewisses Monopol auf die Herstellung dieser Delikatesse besitzt.
Die Frage, ob Frau Baerbock jemals Marzipan genossen hat, bleibt dabei unbeantwortet. Ideologen, gleich welcher Art, sind oft nicht für ihre Vorliebe zum Genuss bekannt. Vielleicht hat sie nun, nach ihrer Zeit als Außenministerin, die Muße, den Massenproduzenten Niederegger zu besuchen, der täglich bis zu 30 Tonnen Marzipan-Rohmasse herstellt. Diese Rohmasse wird dann in viele köstliche Spezialitäten verwandelt, die nicht nur in der eigenen Produktlinie, sondern auch für andere Hersteller als Grundlage dienen.
Leider wird Marzipan häufig nur mit der Weihnachtszeit assoziiert, dabei gibt es viele, die diese Leckerei ganzjährig schätzen – darunter auch meinen Vater, der die dunkel schokolierten Marzipanbrote versteckt hielt. In der Vergangenheit konnte man Niederegger vor allem in Feinkostläden finden, heute sind sie in nahezu jedem Supermarkt zu finden. Das Image als Premiumhersteller hat jedoch etwas gelitten; viele kleine Confiserien bieten mittlerweile oft besseres Marzipan an.
Marzipan wird besonders geschätzt, wenn der Anteil an edlen Mandeln hoch ist. Es wird aus mindestens 65 Prozent Mandeln und 35 Prozent Zucker hergestellt, wobei im Verlauf der Produktion ständig zusätzlicher Zucker hinzugefügt werden kann. Niederegger versichert, dass sie den Mandelanteil nicht kürzen und die Produkte nicht nachträglich süßen. Dennoch bleibt die Frische ein kritisches Thema, vor allem wenn Weihnachtswaren bereits im Spätsommer produziert werden.
Mein persönlicher Favorit ist mittlerweile das Königsberger Marzipan, das einen markanten Anteil an Bittermandeln enthält und somit intensiver im Geschmack ist. Dieses wird traditionell geflämmt, was den Marzipan-Pralinen eine karamellartige Note verleiht und sie zu einer feinen Alternative macht.
Marzipan hat allerdings auch seine Wurzeln in anderen Teilen Europas. So gilt die spanische Stadt Toledo als ein weiteres Zentrum des Marzipans, wo das Handwerk oft mit Klostertraditionen verbunden ist. Dort fertigen sogar Nonnen in Klöstern exquisite Marzipanvariationen, die Geschichte und Genuss miteinander verbinden.
Lübeck und Toledo konkurrieren um den Titel des Ursprungsortes des Marzipans. Die entsprechenden Legenden sind oft mit Vorsicht zu betrachten, genau wie die Äußerungen der Außenministerin. Es ist zu hoffen, dass sie sich künftig besser mit der Kultur und Geschichte des Marzipans vertraut macht, um nicht erneut den Gebrauch von unpassenden Begriffen in die politische Debatte einzuführen.