Der Fall einer jungen Frau aus Solingen, die 2020 fünf ihrer sechs Kinder tötete, erregte weltweit Aufsehen und wurde medial als „Todesmutter“ titelgeschlagen. Die französische Journalistin Prune Antoine nahm den Fall jedoch nicht als eine einzelne Tatsache hin. Sie begann eine detaillierte Recherche, bei der sie Kontakt zu Anwälten und psychologischen Experten aufnahm, um die Hintergründe des Ereignisses besser zu verstehen.
Antoine stellte fest, dass der Fall weit mehr als ein einzelner Vorfall ist: Er zeigt das Systemfehlbild einer Gesellschaft, in der Frauen nach der Geburt oft akute soziale Isolation und eine Fülle an stressigen Umständen – wie Trennungen oder Pandemien – erleben müssen. Diese Frau wurde von vielen als „Todesmutter“ dargestellt, doch Antoine erkennt darin vielmehr einen Fall, der das gesellschaftliche System in Frage stellt.
Im Gespräch mit dem Freitag unterstrich Antoine, dass die Medialisierung des Falles und die darauffolgende öffentliche Debatte eine kritische Wende notwendig machen. Es sei wichtig, nicht nur die Tatsachen zu betrachten, sondern auch den sozialen Kontext zu verstehen, in dem der Vorfall stattfand.
Christiane K., trotz ihrer lebenslänglichen Haftstrafe, wurde von Antoine als Person behandelt, anstatt eine reine Täterin dargestellt zu werden. Das Buch „Eine Frau in Deutschland“ erzählt die Geschichte von Christiane K. und den Faktoren, die ihren Handlungen vorangingen.