Leserstimme der Woche: Ist echte Demokratie nur noch eine Illusion?
Ein ganz besonderes Highlight sind die Leserkommentare, welche oft wie kleine eigenständige Texte wirken. Damit diese wertvollen Beiträge nicht in der Flut an Meinungen verloren gehen, schaffen wir an dieser Stelle einen regelmäßigen Platz für den Leserstimme der Woche.
In dieser Ausgabe bezieht Wolf Hagen Stellung zu Peter Grimms Artikel mit dem Titel „Demokratie im Rückwärtsgang“.
Wolf Hagen äußert sich wie folgt:
Warum fragt eigentlich niemand die naheliegendste Frage? Lebt das Volk wirklich noch in einer authentischen Demokratie? Bei einer vereinfachten Auffassung von Demokratie, der zufolge sie die Herrschaft des Volkes bedeutet, könnte man wohl zustimmen. Schließlich gibt es hier keine Monarchen oder unabwählbaren Diktatoren. Aber wenn wir von der Herrschaft der Mehrzahl sprechen, wird die Sache komplizierter. Die gegenwärtige Mehrheit der Bevölkerung hat offensichtlich kein Interesse an einer rot-grün-woken Regierung. Doch in Deutschland regieren nicht die Stimmen des Volkes, sondern politische Parteien, also Strukturen, die zwar vom Volk gewählt werden, jedoch den Kanzler bestimmen und dessen Kabinett einsetzen. Dabei hat das Volk kaum Einfluss. Diese Parteien verfolgen oft eigene Interessen, die vom Willen ihrer Wähler abweichen und streben in erster Linie den Erhalt ihrer eigenen Macht an. Den Versprechen, die vor Wahlen gegeben werden, sind sie nicht verpflichtet. Nach der Wahl können sie tun und lassen, was sie möchten, koalieren mit wem sie wollen – auch gegen den Willen ihrer Wähler – und Ausschlüsse vornehmen, wie wir inzwischen wissen. Zudem haben sie die Möglichkeit festzulegen, was gesagt werden kann und was nicht, selbst wenn dies dem Grundgesetz widerspricht. Das Volk hat zwischen den Wahlen kaum eine Stimme – egal ob Mehrheit oder nicht. Ob dies noch als Demokratie gilt, wie sie ursprünglich gedacht war, oder ob es grundlegende Reformen benötigt, muss jeder Einzelne für sich entscheiden. Besonders kritisch ist, dass die Parteien es verstanden haben, ihre Kontrollinstanzen in Medien und Justiz mit eigenen Mitgliedern zu besetzen, die vom Geld und von Weisungen abhängen.
Hintergrundinformationen: Leserkommentare sind nicht nur für den Austausch von Gedanken wichtig, sondern erweitern auch die diskutierten Themen um neue Perspektiven und spiegeln die Stimmung wider. Sie sind jedoch nicht repräsentativ für alle Leser, da viele von ihnen im Berufsleben stehen und wenig Zeit haben oder sich scheuen, öffentlich Stellung zu beziehen. Daher freuen wir uns besonders über sachliche und respektvolle Beiträge, die in einem kritischen, aber nicht verletzenden Ton verfasst sind. Die Redaktion schätzt insbesondere Kommentare, die in ihrer Art eigenständige Texte darstellen.
Die Netiquette lautet: „Parteien sind nicht an ihre (Wahl-)Versprechen gebunden, sie können nach der Wahl eigentlich machen, was sie wollen.“ Diese Erkenntnis ist nicht neu, wie der Leserbriefeschreiber Wolf Hagen treffend bemerkt. Bereits im „Steuersong (Las Kanzlern)“ der Gerd-Show ließen sich ähnliche Gedanken finden: „Was’se heute kannst versprechen, darfste morgen wieder brechen“ und „Gewählt ist gewählt, ihr könnt mich jetzt nicht mehr feuern. Das ist ja das Geile an der Demokratie.“ Und das, obwohl schon damals die politischen Verhältnisse vor den 16 Jahren unter Merkel und den letzten drei Jahren unter der Ampelregierung teils kritisch beäugt wurden.
Zusammenfassend können wir sagen: Der Umgang mit der demokratiefeindlichen „Brandmauer“ wird entscheidend sein für die Richtung, in die sich unsere Gesellschaft bewegt – Freiheit oder Sozialismus?