In Rumänien herrscht Unruhe. Während die Regierung in Bukarest ein wenig aufatmen kann nach einem überstandenen Misstrauensvotum, formiert sich auf den Straßen der Hauptstadt ein heftiger Protest. Am Samstag versammelten sich zehntausende Menschen, um gegen die Annullierung der Präsidentschaftswahl vom Dezember zu demonstrieren.
Im Mittelpunkt dieser politischen Verantwortlichkeiten steht Călin Georgescu. Der Mann, der innerhalb weniger Monate vom Unbekannten zum Symbol einer wachsenden Protestbewegung geworden ist, überraschte in der ersten Wahlrunde im November 2024 mit 23 Prozent der Stimmen. Dieses Ergebnis sorgte für große Erschütterungen im politischen System. Doch zwei Tage vor der entscheidenden Stichwahl entschied das Verfassungsgericht, die Wahl zu annulieren, mit der fragwürdigen Begründung russischer Einflussnahme.
Die Menge auf den Straßen skandierte: „Wir sind vereint, wir sind stark. Wir sind hier, weil unsere Stimme gestohlen wurde. Weil die Demokratie mit Füßen getreten wurde“, rief George Simion, der Vorsitzende der rechtsgerichteten Allianz für die Einheit der Rumänen. Demonstranten schwenkten rumänische Flaggen und riefen: „Nieder mit der Regierung!“ sowie „Diebe!“.
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Georgescu eingeleitet. Ihm werden schwerwiegende Vorwürfe gemacht, darunter die Unterstützung extremistischer Gruppen und falsche Angaben zur Wahlkampffinanzierung. Georgescu, der unter richterlicher Aufsicht steht, bestreitet alle Vorwürfe. Vor seinen Anhängern erklärte er, dass „das System böswillig versucht hat, uns zu spalten“ und dass „alte und neue Günstlinge versucht haben, meine Kandidatur zu blockieren“.
Aktuelle Umfragen zeigen, dass Georgescu nun nicht mehr bei 23, sondern bei 37 bis 38 Prozent der Stimmen liegt. Die offizielle Begründung für die Wahlanullierung – eine angebliche russische Einflussnahme über TikTok-Kampagnen – wirkt zunehmend fragwürdig. Trotz strengerer Regelungen für die Neuwahl am 4. Mai führt der umstrittene Kandidat in den Umfragen klar.
Der Fall hat internationale Aufmerksamkeit erregt. Während die rumänische Regierung unter Premierminister Marcel Ciolacu ihre Maßnahmen als Verteidigung der Demokratie darstellt, äußern sich prominente Persönlichkeiten aus dem Umfeld des neuen US-Präsidenten Donald Trump kritisch zur Annulierung der Wahl. Vizepräsident JD Vance, Elon Musk und Donald Trump Jr. unterstützen Georgescu direkt und zeigen sich empört über dessen Festnahme.
Experten deuten die Situation als Ergebnis eines komplexen Machtkampfs. Der ungarische Außenpolitik-Experte Zsolt Pászkán vermutet, dass die „unerklärlich tollpatschige Handhabung“ durch die rumänischen Behörden Georgescu zum Märtyrer machen könnte und seine Popularität weiter anhebt. Sándor Tamás, Vorsitzender des überwiegend ungarisch bewohnten Komitats Covasna, hebt einen möglichen Konflikt zwischen verschiedenen rumänischen Geheimdiensten hervor, von denen es sechs im Land gibt. Georgescu hat Verbindungen zum ehemaligen prorussischen Flügel der rumänischen Geheimdienste, der nach dem Sturz Ceaușescus für kurze Zeit Einfluss gewinnen konnte.
Eine entscheidende Frage bleibt im Raum: Wer hat tatsächlich die Kontrolle in Rumänien? Tamás sieht einen Machtkampf zwischen inneren Geheimdiensten und externen Mächten – Russland, der EU und den USA. Die erste Runde der Wiederholungswahl ist für den 4. Mai angesetzt. Ob Georgescu teilnehmen kann, ist ungewiss. Fest steht jedoch, dass die rumänische Demokratie vor einer ihrer größten Prüfungen seit dem Fall des Eisernen Vorhangs steht.
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