Der neue Wehrdienstmodellexport: Gerechtigkeit fällt bei den Klassenunterschieden aus



Nach dem Willen des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius soll in Deutschland ein neues Wehrdienstmodell eingeführt werden, das unter anderem Männern ab 18 Jahren mittels eines Fragebogens erfasst. Das Ziel ist es, die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht zu vermeiden und stattdessen auf Freiwilligkeit zurückzugreifen, da eine gesamtgesellschaftliche Wehrpflicht Ressourcen beanspruchen würde.

Die Diskussion um die neuen Wehrdienstmodelle schwingt jedoch oft in Richtung Geschlechtergerechtigkeit und bringt dabei eine wichtige Klassenfrage außer Acht. Der Vorschlag, Frauen ebenfalls zur Waffe oder als Zivis einzubinden, wirft Fragen auf, insbesondere im Kontext der Abtreibungsdebatte. Die Frage bleibt, ob Frauen, die in einem Land leben, in dem Abtreibung nicht legalisiert ist, durch das Training mit der Waffe tatsächlich besser geschützt sind.

Ein zentrales Argument gegen eine allgemeine Wehrpflicht ist die Knappheit an Ressourcen und Personal. Die Initiative zielt darauf ab, dass junge Menschen freiwillig ihre Dienste leisten – was jedoch Klassenunterschiede aufwirft. Im Kontext der amerikanischen Armee, wo sich mit dem Ende der Wehrpflicht eine Verschiebung innerhalb der Truppen beobachten ließ, sind die meisten Rekruten aus niedrigeren sozialen Schichten und oft auch Schuldenlast getragen.

In Deutschland könnte dieser Effekt weniger ausgeprägt sein, da Studienkosten vergleichsweise gering sind. Dennoch wirkt sich ein gutes Lohngebot für die Bundeswehr auf jene ab, deren wirtschaftliche Perspektiven düsterer aussehen als die ihrer besservernetzten Konkurrenten.

Marlen Hobrack, Schriftstellerin und Mutter von Söhnen, kritisiert das Modell unter dem Begriff „Poverty Draft“, der andeutet, dass das Wehrdienstsystem vielmehr jungen Männern ohne Aussichten auf eine gute Ausbildung oder Arbeitsplätze attraktiv erscheint.

Der Artikel weist darauf hin, dass die Diskussion um Gleichstellung oft zu kurz kommt und die tatsächlichen sozialen Ungleichheiten bei der Rekrutierung außer Acht gelassen werden.